Meine Plenarrede: Wir brauchen das Finanzsystem für den Strukturwandel und für die nachhaltige Transformation

Im Mai haben wir zum Setzpunkt der CDU mit dem Titel „Ein zukunftsorientierter Finanzplatz Frankfurt für ein starkes und nachhaltiges Hessen“ diskutiert. In meiner Rede habe ich betont: Es ist das Ziel der Landesregierung, dass vom Finanzplatz Frankfurt Impulse und Antworten auf zentrale, internationale Zukunftsfragen der Transformation und der Digitalisierung ausgehen. Mit dem ersten hessischen Green Bond von 600 Millionen Euro erfüllt das Land Hessen eine Vorbildfunktion und hilft, den Markt für eine breitere Investorenbasis zu öffnen. Ein zweiter Green Bond ist in Vorbereitung, worüber ich mich sehr freue:

„Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Besuchertribüne, ihr habt eben eine Rede der AfD gehört und gesehen, wie wenig diese Partei eure Zukunft im Blick hat. Von der Verschwörungserzählung meines Vorredners kommen wir jetzt aber einmal wieder zurück zur Realität.

Letzte Woche haben wir beim Paulskirchenfest Frankfurt als Wiege und Stadt der Demokratie gefeiert, weil dort vor 175 Jahren das erste Mal die Nationalversammlung zusammengekommen ist. Die Geschichte von Frankfurt als internationalem Finanzplatz reicht allerdings schon bis ins 16. Jahrhundert zurück. Da wurde nämlich auf dem Römerberg der Kurs von bestimmten Münzsorten festgesetzt. Das war die Geburtsstunde der Frankfurter Börse. Heute arbeiten in der Rhein-Main-Region rund 66.000 Menschen in der Finanzbranche; und der Finanzplatz trägt als Jobmotor zum Wohlstand in Hessen, in Deutschland und in Europa bei.

Dabei meine ich nicht nur die klassische Finanzbranche, sondern Frankfurt und Hessen sind eben auch Hotspots für Innovation, für Fintechs und für Start-ups aus der Nachhaltigkeitswelt. Auch wenn es jetzt schon sehr gut läuft, ist es natürlich das Ziel, dass wir auch für die Zukunft gut aufgestellt sind. Wir wollen, dass von Hessen aus Antworten auf zentrale internationale Zukunftsfragen gegeben werden. Das ist die Grundlage des Handelns der Landesregierung, und genau daran arbeitet sie seit vielen Jahren sehr erfolgreich.

Was sind diese zentralen Zukunftsfragen? Erstens natürlich, dass wir die Fortschritte der Digitalisierung klug und sinnbringend für unsere Wirtschaft und für unseren Wohlstand nutzen. Zweitens die Frage der Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft und zur nachhaltigen Finanzwirtschaft. Zunächst zur Digitalisierung. Der Finanzplatz produziert heute unfassbare Mengen an Daten. Unsere Ministerien, allen voran das Wirtschaft- und das Finanzministerium, beschäftigen sich mit der Frage, wie diese Daten für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft nutzbar gemacht werden können, und zwar rechtssicher und datenschutzkonform.

Mit dem Financial Big Data Cluster leistet Hessen Pionierarbeit – Frau Claus hat es auch schon gesagt –, indem Daten aus unterschiedlichen Bereichen standardisiert zusammengeführt und mithilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden können. Das klingt ein bisschen trocken, das gebe ich zu, aber z. B. geht es hier darum, dass man für transparente Entscheidungen eine fundierte Datengrundlage braucht, um die Transformation der Realwirtschaft voranzubringen, oder aber auch darum, für eine effiziente und sichere Finanzaufsicht Daten zur Geldwäschebekämpfung zielführender auszuwerten.

Das zweite Projekt, um das Innovationsökosystem in Frankfurt zu stärken, ist das TechQuartier. Das ist ein einzigartiges Netzwerk und eine Anlaufstelle für Fintechs und die Start-up-Community. Sie sehen also, die Landesregierung arbeitet genau daran, nicht nur den Aufsichtsbehörden, sondern eben auch den Unternehmen und Fintechs Rahmenbedingungen für innovative Geschäftsmodelle zu bieten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Anstrengungen werden hier natürlich nicht nachlassen.

Das zweite Megathema, das auch den Finanzplatz beschäftigen muss, ist der Kampf gegen die Klimakrise. Wir alle wissen, dass sich Deutschland auf das 1,5-Grad-Ziel verpflichtet hat. Um überhaupt noch in die Nähe von diesem Ziel zu kommen, brauchen wir mehr Kapital in nachhaltigen Investitionen und zwar öffentliches und privates Kapital. Wir brauchen das Finanzsystem – das kann man nicht oft genug wiederholen – für den Strukturwandel und für die nachhaltige Transformation. Wir brauchen es, wenn wir Kapital gezielt in den grünen Wandel lenken wollen.

Es gibt mittlerweile viele, die grün und nachhaltig investieren wollen, weil sie wissen, dass es Risiken gibt, und zwar ganz ausdrücklich massive finanzielle Risiken, weil die Kapitalmärkte klimaschädliche Investitionen als fundamentale Geschäftsrisiken bewerten. Deswegen ist es doch eigentlich ganz einfach: Nicht Klimaschutz ist teuer, sondern, wenn wir nicht genug unternehmen, wird die Klimakrise richtig teuer. Deswegen können wir ohne das Finanzsystem das 1,5-Grad-Ziel niemals erreichen.

Insgesamt ist für die Transformation in Deutschland ein Investitionsbedarf von rund 1 Billion € notwendig. Dafür brauchen wir, wie gesagt, öffentliches und privates Kapital. Als Staat müssen wir dafür den Rahmen setzen, Regeln aufstellen und Vorbild sein. Genau das haben wir gemacht. Hessen hat 2021 einen 600 Millionen € schweren Green Bond ausgegeben, der auch direkt überzeichnet war, weil die Nachfrage das Angebot zurzeit noch bei Weitem übersteigt. Wir waren das erste Bundesland mit einem Green Bond in dieser Größenordnung; aber das heißt eben auch, die Zahl der öffentlichen Emittenten von Green Bonds ist bisher immer noch etwas überschaubar.

Deswegen ist es nur folgerichtig, wenn Hessen jetzt nach zwei Jahren einen weiteren Green Bond vorbereitet. Das zeigt: Wir packen die Transformation an und nehmen dafür auch richtig Geld in die Hand.

Auch das Green and Sustainable Finance Cluster Germany spielt bei der Transformation eine wichtige Schlüsselrolle, weil es die verschiedenen Akteurinnen und Akteure am Finanzplatz zusammenbringt und für eine innovationsfreundliche Umgebung sorgt. Insgesamt arbeitet die Landesregierung also daran, dass der Finanzplatz Frankfurt Antworten auf wichtige Fragen der Transformation gibt und von hier aus die richtigen Impulse gesendet werden.

Zum Finanzplatz hat jetzt auch die FDP einen Antrag vorgelegt und dort findet sich dieser spannende Satz, dass die Kompetenzen in einem Ministerium gebündelt werden sollten und zwar im Finanzministerium. Ich finde dies sehr spannend, weil der Spitzenkandidat der FDP, Dr. Stefan Naas, unbedingt Wirtschaftsminister werden möchte. Stefan, du möchtest doch Wirtschaftsminister werden, oder? Entweder meint die FDP dies nicht ernst, oder sie traut ihrem eigenen Spitzenkandidaten nicht zu, den Finanzplatz Frankfurt zu stärken. Beides wäre ein schlechtes Signal für den Spitzenkandidaten der FDP.

Es gibt, wenn wir über den Finanzplatz reden, noch eine Erfolgsgeschichte. Das ist das ISSB, das International Sustainability Standards Board, das seit letztem Jahr am Finanzplatz Frankfurt sitzt. Das ISSB ist ein Gütesiegel für unseren Sustainable Finance Standort, wie wir finden. Die Expertinnen und Experten arbeiten dort an Nachhaltigkeitsstandards für Unternehmen direkt aus Frankfurt. Das brauchen wir, nämlich Transparenz und Vergleichbarkeit, wenn wir Greenwashing bekämpfen sollen. Dazu würde ich sagen, Herr Gagel: Das ist kein Klimadiktat, sondern es ist Vergleichbarkeit und Transparenz. Das ist extrem wichtig; und genau das wird hier getan.

Ich würde mir wünschen, dass der Austausch zwischen ISSB und Finanzbranche sowie der Politik vor Ort noch etwas besser würde, genauso wie mit der EZB, die dieser Tage vor 25 Jahren angefangen hat, in Frankfurt zu arbeiten. Sie vermittelt ein bisschen den Eindruck, nur in ihrem Tower zu sitzen und für die Öffentlichkeit nicht so offen zu sein. Frau Lagarde sieht man in Frankfurt häufig auf Veranstaltungen, aber, ich glaube, es wäre auch gut, wenn die EZB ihre Rolle annehmen würde, die komplexe Politik für die Öffentlichkeit noch besser zu erklären. Daher ist es aus meiner Sicht mit einem Besucherzentrum nicht getan, wo man vielleicht einmal einen Termin bekommt, sondern es wäre schön, wenn sich die EZB ein bisschen mehr für Frankfurt öffnen würde.

Insgesamt kann man, finde ich, einfach einmal anerkennen, wie attraktiv der Finanzplatz Frankfurt ist, auch für Sustainable Finance. Ich möchte abschließend noch einmal auf die AMLA-Bewerbung eingehen. Es ist gut und richtig, dass die EU intensiver und länderübergreifend gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgehen will. Aus unserer Sicht ist Frankfurt für diese neue Geldwäschebehörde ein super Standort. In den letzten Monaten wurden viele Gespräche von Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung an entscheidenden Stellen geführt. Wir denken, Frankfurt ist so ideal, weil dort unternehmerische Praxis auf Aufsichtsbehörden trifft. Also: Die AMLA hätte dort direkten Anschluss an andere europäische Behörden. Wir haben dort die Expertise; und nicht umsonst fordern wir, dass das Euro-Clearing von London an die Frankfurter Börse geholt wird. Ganz wichtig ist auch, dass Frankfurt bei der Lebensqualität überzeugt. Wir haben eine Landesregierung, die hart dafür arbeitet, dass die Lebensbedingungen dort sehr gut sind – Stichwort: Frankfurter Bogen und Ausbau des Schienennetzes –; und die AMLA würde daher wirklich eine sehr gute Wahl treffen, wenn sie nach Frankfurt käme.

Wir haben jetzt schon von vielen Rankings gehört. Ich möchte noch einmal eines nennen und zwar ist es das Städteranking European Cities and Regions of the Future von der „Financial Times“-Tochter fDi Intelligence. Dort hat Frankfurt im Jahr 2022 wiederholt den ersten Platz in der Kategorie „Major Cities“ belegt. Bei den Faktoren Wirtschaftskraft, Personal, Lebensqualität, Infrastruktur und Unternehmensfreundlichkeit haben wir den ersten Platz gemacht. Deswegen: Ich finde diese schlecht gelaunten Reden der Opposition wirklich traurig. Diese wiederholen sich nämlich, wenn über den Finanzplatz Frankfurt geredet wird. Lasst uns doch einfach nicht das Haar in der Suppe suchen, sondern gemeinsam gut gelaunt daran arbeiten, dass dieser Finanzplatz weiterhin so erfolgreich dasteht.“