Die AfD will die Gesellschaft spalten

Der Antrag der AfD zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses hat bei uns erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ausgelöst. In meiner Rede im Juni-Plenum erläutere ich, warum es eine rechtliche Frage ist, dass der Untersuchungsausschuss nur mit stark gekürztem Auftrag eingesetzt wird. Politisch hingegen sind wir GRÜNE ganz klar: Wir finden diesen Untersuchungsausschuss falsch. Denn der AfD geht es nicht um die Sache. Sie will die Gesellschaft spalten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von 20 Prozent der Abgeordneten die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Das ist das verfassungsmäßig verbriefte Recht der Minderheit und ein hohes Gut. Ich will es ganz klar sagen: Darüber gibt es auch keinerlei Diskussion.

In der 21. Wahlperiode werden dazu 27 Stimmen benötigt. Ich will noch einmal ganz klar sagen: Die AfD hat diese nötige Stimmenanzahl als Fraktion nicht. Diesen Untersuchungsausschuss konnten Sie überhaupt erst beantragen, weil Sie mit einem Abgeordneten zusammenarbeiten, mit dem Sie eigentlich jegliche Zusammenarbeit ausgeschlossen haben, weil er selbst Ihnen zu radikal war. Damit machen Sie deutlich und für alle sichtbar: Wenn es Ihren Zielen nutzt, schrecken Sie auch nicht davor zurück, mit der Neonaziszene zusammenzuarbeiten.

Der Landtag hat die Pflicht, den Untersuchungsausschuss nach Ihrem Einsetzungsantrag, für den Sie nun einmal die nötige Anzahl an Unterschriften zusammenbekommen haben, unverzüglich einzusetzen. Wenn aber eine qualifizierte Minderheit einen Untersuchungsausschuss beantragen will, dann ist es auch ihre Verantwortung, sich Expertise einzuholen, wenn man sie offensichtlich selbst nicht hat, und einen Antrag zu formulieren, der den Untersuchungsgegenstand klar bestimmt und objektiv formuliert, und zwar so, dass die Kompetenzen des Landtags dabei nicht überschritten werden und der Untersuchungsgegenstand mit der Verfassung vereinbar ist. Wenn Sie eine Fragestellung untersuchen wollen, Herr Lambrou und Herr Herr, wäre es Ihre Aufgabe gewesen, gemeinsam einen solchen Antrag vorzulegen. Ihre Pflicht wäre das gewesen.

Als wir Ihren Antrag gelesen haben, mussten wir leider feststellen, dass er verfassungsrechtliche Bedenken auslöst, und zwar erhebliche. Damit kommen wir zur Verantwortung, die dieses Haus hier trägt, und zur Pflicht, die wir wahrgenommen haben. Worüber es hier auch keine Diskussionen geben darf: Der Hessische Landtag darf keinen Untersuchungsausschuss einsetzen, der gegen die Verfassung verstößt.

Unsere verfassungsrechtlichen Bedenken kennen Sie auch nicht erst seit gestern. Sie wurden Ihnen bereits in der Plenardebatte am 15. Mai umfassend dargelegt. Weil Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, konnte der Untersuchungsausschuss eben nicht direkt eingesetzt werden, sondern CDU, SPD, GRÜNE und FDP haben den Weg gewählt, Ihren Antrag dem Hauptausschuss zu überweisen und drei unabhängige Gutachterinnen und Gutachter zu beauftragen.

Das ist eine einmalige Situation und eine Ausnahme, dass dieses Haus diesen Weg einschlägt. Das will ich auch ganz klar sagen. Aber wir machen das, weil Sie Ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind. Sie haben das nicht hinbekommen. Sie haben vor einem Jahr schon angekündigt, diesen Untersuchungsausschuss einsetzen zu wollen. Innerhalb von zwölf Monaten haben Sie es nicht hinbekommen, einen verfassungsgemäßen Antrag zu schreiben. Das ist ein Armutszeugnis, und das zeigt, dass es Ihnen nicht um die Sache geht.

Siehe da, die drei vom Landtag beauftragten Gutachter sind sich einig, dass Ihr Antrag in weiten Teilen gegen die Verfassung verstößt. Da sieht das Gesetz vor, dass wir einen Maßgabebeschluss treffen, um den Antrag auf die Teile zu beschränken, die eben mit der Verfassung vereinbar sind. Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Wir beantragen den Untersuchungsausschuss nicht selbst. Durch Ihre 27 Unterschriften ist er da. Wir stellen ausschließlich sicher, dass der Landtag nichts beschließt, was nicht mit der Verfassung vereinbar ist.

Sie reden hier von Kompromissangebot. Das ist hier aber kein Flohmarkt. Wenn Ihnen das Thema so wichtig ist, hätten Sie einfach einen Antrag schreiben müssen, der mit der Verfassung vereinbar ist, und nicht in den letzten vier Wochen gar nichts tun. Sie hätten das machen können. Sie haben damit demonstriert, dass es Ihnen dabei nicht um die Sache geht.

Wenn Sie uns jetzt vorwerfen – was Sie jetzt gemacht haben –, dass wir den Ausschuss politisch verhindern wollen, dann will ich noch einmal sagen: Bis hierhin, bis zu den restlichen 20 Sekunden hat sich meine Rede in keiner Weise mit dem Inhalt Ihres Antrages beschäftigt. Es ist nämlich eine rechtliche Frage und keine politische, warum wir dieses Vorgehen gewählt haben.

Wenn es um die politische Bewertung geht, sind wir sehr klar: Wir GRÜNE finden diesen Untersuchungsausschuss falsch. Die Folgen der Pandemie spüren wir immer noch in der Gesellschaft. Wir demokratische Parteien wollen, dass unsere Gesellschaft wieder zusammenwächst. Sie wollen nichts als spalten.

Das ist der politische Teil. Rechtlich sind wir aber ganz klar. Ich habe Ihnen eben dargelegt, warum wir so verfahren. Danke schön.