Meine Plenarrede: Die Zinsbremse ist wirksamer, gerechter und unbürokratischer als das Hessengeld

Die CDU hat sich im Mai-Plenum für ihr „Hessengeld“-Konzept gefeiert. Wir GRÜNE halten das für unwirksam und ungerecht. Darüber hinaus bricht es ein zentrales Wahlversprechen der CDU. Stattdessen schlagen wir GRÜNE eine Zinsbremse vor, um die Menschen in Hessen bei der Realisierung ihres Traums von den eigenen vier Wänden wirksamer zu fördern. Denn sie brauchen Unterstützung, wo sie der Schuh tatsächlich drückt: bei den derzeit hohen Kreditzinsen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

„Die Grunderwerbsteuer geht aufs Haus“. Das hat die CDU im Wahlkampf plakatiert, rauf und runter gepostet und erzählt. Dabei wurde immer suggeriert: Für die erste selbst genutzte Immobilie wird die Grunderwerbsteuer nach dem Kauf zurückgezahlt.

Nach der Wahl wurden dann wohl auch in der Landesregierung mal die Taschenrechner ausgepackt. Als man dann plakativ auf die Baustelle gefahren ist, ins Wiesbadener Neubaugebiet, und dort die Eckpunkte des Hessengelds vorgestellt hat, mussten wir leider feststellen: Das Hessengeld bricht ein zentrales Wahlversprechen.

Wer dachte, die Grunderwerbsteuer geht aufs Haus oder spielt bei der Frage keine Rolle mehr, wie viel Geld man denn jetzt eigentlich für den Kauf und für die Nebenkosten in die Hand nehmen und einkalkulieren muss, wurde bitter enttäuscht.

Denn gut versteckt in den Förderbedingungen ist jetzt zu lesen: Die Zahlung wird auf zehn Jahre und zehn Teile gestreckt. Davon war im Wahlkampf nie die Rede; denn eigentlich sollte doch eine Familie mit zwei Kindern 30.000 Euro „aufs Haus“ bekommen – übrigens finanziert von der Gemeinschaft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Jetzt ist es aber so: Diese Familie bekommt nach dem Kauf gerade einmal 3.000 Euro, und das für zehn Jahre. Natürlich ist das auch Geld, das wollen wir gar nicht bestreiten. Aber bei der Entscheidung, ob ich jetzt ein Haus kaufe oder nicht, geht der Effekt von 3.000 Euro gegen null.

Man dachte auch, jede Familie bekommt 30.000 Euro, wenn sie zwei Kinder hat. Dann dachte man sich: „Okay, das unterstützt da etwas mehr, wo die Immobilen günstiger sind. Dann bekommt man 30.000 Euro. Das ist im Verhältnis mehr. – Aber nein, die Zahlung ist auf die Höhe der Grunderwerbsteuer gedeckelt. Das heißt schon, lieber Kollege Reul, man bekommt mehr Unterstützung, je teurer die Immobilie ist, die man kauft.

Deswegen: Von den eigentlichen Zielen des Hessengelds und dem Wahlversprechen der CDU, die Kosten beim Hauskauf zu senken, ist also fast nichts übriggeblieben. Deswegen schlagen wir die bessere Altenative vor: die Zinsbremse – die Alternative zum Hessengeld!

Das Hessengeld bricht nicht nur ein Wahlversprechen, es ist auch unwirksam. 3.000 Euro im Jahr des Kaufs wird eine Familie mit zwei Kindern niemals dazu bewegen, ein Haus zu kaufen. Das Hessengeld geht an den Problemen der Menschen völlig vorbei! Denn warum ist es denn zurzeit so schwer, sich eine Immobilie leisten zu können?

Das Problem ist doch, dass die Zinsen im Vergleich zu den letzten Jahren gestiegen sind und die Finanzierung richtig teuer ist. Wie könnte man es besser machen und dieses Problem richtig angehen? Da ist mir ganz wichtig: Auch wir GRÜNE wollen den Menschen in Hessen bei ihrem Traum vom Eigenheim, von den eigenen vier Wänden helfen, aber eben gerechter, effektiver und einfach besser als das Hessengeld.

Wir wollen, dass man für Darlehen bis 250.000 Euro nur einen Zins von 2 Prozent bezahlen muss. Im Vergleich zum Marktzins von aktuell etwa 3,5 Prozent bedeutet das eine Ersparnis von 1,5 Prozent, die das Land übernehmen würde. Das soll maximal für die Hälfte der Kreditsumme gelten. Da nehmen wir also auch den Hausbanken kein Geschäft weg. Natürlich soll es auch nur für die erste selbst genutzte Immobilie in Hessen gelten.

Deswegen: Dieser Vorschlag gibt eine Antwort auf das eigentliche Problem der Menschen. Vor den stark gestiegenen Zinsen stehen übrigens auch alle, die vor fünf oder zehn Jahren eine Wohnung oder ein Haus gekauft haben. Auch denen wollen wir mit unserer Zinsbremse ein Angebot machen.

Lieber Kollege Reul, ich komme jetzt noch einmal zu der Anreizwirkung und zu der Frage, was wirklich
hilft. Was hilft wirklich, die Menschen dazu zu bewegen, dass sie sich eine Wohnung leisten können?
Bei unserem Modell sehen Sie, dass Kaufinteressierte bei ihrer Kalkulation vorher einkalkulieren
können, wie viele Zinsen jeden Monat gezahlt werden müssen.

Jeder, der das schon einmal für sich
durchgerechnet hat, weiß doch: Das A und O ist, dass ich vorher kalkuliere, wie viel Zinsen ich zahlen
muss. Deswegen hilft unser Modell direkt, mehr Menschen dazu zu befähigen, ein Haus zu kaufen.
Was Sie tun, ist: Man braucht einen Kaufvertrag. Das heißt, man hat doch schon alles. Man hat doch
schon gekauft. Man hat die Kalkulation schon. Deswegen: Ihr Geld ist einfach nur mit der Gießkanne
verteilt und hat null Anreizwirkung.

Nächster Punkt: Das Hessengeld bricht nicht nur ein Wahlversprechen und ist unwirksam, sondern es ist auch total ungerecht; denn die einzige Frage ist: Gibt es einen Kaufvertrag, den man vor oder den man nach dem 1. März 2024 unterschrieben hat? Da ist total egal, wie viel man verdient, wie viel Eigenkapital man mitbringt. Nur der 1. März ist entscheidend dabei, ob man anspruchsberechtigt ist oder nicht. Das heißt doch, die Landesregierung fördert einfach alle,

anstatt dort zu unterstützen, wo es wirklich notwendig ist. – Na ja, eben hieß es, es sei zielgerichtet.
Zielgerichtet oder alle, da müssen Sie sich schon entscheiden. Nein, Sie fördern alle. Und da werden
viele Mitnahmeeffekte produziert. Deswegen ist es einfach ungerecht, nur auf den 1. März zu schauen.

Anders als die Landesregierung wollen wir das Geld eben nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern gezielt dort fördern, wo man es wirklich braucht.

Deswegen haben wir Einkommensgrenzen vorgesehen, und zwar 60.000 Euro für eine Person,
110.000 Euro für zwei Personen. 5.000 Euro gibt es für jedes Kind noch einmal obendrauf. Das ist nur
fair und richtig. Menschen, die so viel wie ich als Landtagsabgeordnete verdienen, brauchen keine staatliche Unterstützung beim Kauf einer Eigentumswohnung.

Ich mache das auch gerne an einem Beispiel deutlich:

Eltern mit zwei Kindern bekommen bis zu 30.000 Euro – die Grunderwerbsteuer muss es hergeben. Eine Familie mit zwei Kindern bekommt bei der Zinsbremse aber 37.500 Euro, also mehr.

Noch deutlicher wird dieser Vorteil, wenn man sich andere Familienkonzepte anschaut, wie Alleinerziehende,
zum Beispiel eine Frau mit einer Tochter.

– Oder ein Mann mit einem Sohn, oder wer auch immer. Eine Person und ein Kind. – Wie viel
bekommt man da beim Hessengeld? 15.000 Euro. Bei unserer Zinsbremse sind es aber auch 37.500
Euro, weil wir eben bei der Höhe des Kredits ansetzen und nicht bei der Grunderwerbsteuer deckeln.

Für zwei Elternteile mit Kindern, die vor zehn Jahren gekauft haben und jetzt einen Anschlusskredit brauchen, würde man bei uns auch noch etwas bekommen, beim Hessengeld jedoch keinen Cent. 

Auf der anderen Seite gibt es auch Fälle, wo wir zu Recht sagen, da wollen wir nicht fördern. Zum Beispiel eine Person keinen Kredit benötigt, weil sie alles direkt bezahlen kann, dann gibt es trotzdem noch 10.000 Euro Hessengeld on top. Das ist vollkommen sinnlos. Bei uns wird es hierfür keine Förderung geben.

Weshalb braucht diese Person noch eine Förderung, wenn sie das Haus schon gekauft und bezahlt
hat? Auch wenn ein Paar ohne Kinder eben mehr als 110.000 Euro verdient, würden wir sagen: Da
ist eine Förderung aus der Staatskasse nicht notwendig; da gibt die Zinsbremse keine Unterstützung.
– Also wirklich, unterm Strich: Wir wollen gezielte, wirksame Förderung statt wirkungsloser Wahlgeschenke
mit der Gießkanne, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Es gibt noch einen Punkt – dieser wurde eben schon angesprochen –, den wir kritisieren.

Dazu zitiere ich einmal www.hessengeld.de: „Bis zum Sommer sollen alle Einzelheiten der Förderung erarbeitet werden. Im Herbst sollen dann die ersten Anträge digital gestellt werden können. Ziel ist, noch 2024 das erste Hessengeld auszuzahlen.“

Dazu muss ich einmal sagen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister Mansoori,
sehr geehrter Herr Minister Prof. Lorz, dass Sie für Ihre 100-Tage-Bilanz mal schnell auf die
Baustelle gefahren sind. Sie haben dort schöne Fotos gemacht. Sie haben das Hessengeld vorgestellt,
aber Sie haben überhaupt noch keine Idee, wie das Ganze umgesetzt werden und funktionieren
soll.

Sie haben dazu noch keine Idee; Sie müssen das alles noch erarbeiten. Für die ganze Prüfung,
Bewilligung und Auszahlung müssen Sie Landesbedienstete über zehn Jahre lang dauerhaft beschäftigen.
Unser Vorschlag setzt auf das, was es schon gibt, auf bewährte Verfahren, die bei der WIBank
schon laufen. Deswegen: Es könnte einfach genutzt werden. Es wäre unbürokratischer und auch in
diesem Punkt besser.

Ja, auch die Koalition will die Einkommensgrenzen anpassen. Das sehen wir sowohl in ihrem Antrag
als auch in ihrem Koalitionsvertrag. Aber wenn Sie seriöse Politik machen, dann müssen Sie sich schon einmal entscheiden. Wollen Sie Geld ohne Effekt mit der Gießkanne verteilen, oder wollen Sie zielgerichtet Menschen unterstützen und helfen, wo es wirklich notwendig ist? Beides, da müssen wir ehrlich sein, wird der Landeshaushalt nicht stemmen können. Sie haben sich offensichtlich schon entschieden, und zwar für das Hessengeld! Deswegen sagen Sie nicht, dass Sie auch noch die Darlehensgrenzen anpassen wollen. Das wird der Landeshaushalt nicht schaffen.

Ich komme zum Schluss. Das Hessengeld ist bürokratisch, und es erzeugt sehr hohe Mitnahmeeffekte.
Es ist ein teures Wahlgeschenk, ohne dort zu helfen, wo es wirklich notwendig ist. Das sind so
gravierende Nachteile, dass wir als Opposition einen Vorschlag gemacht haben, wie man es besser
machen könnte.

Das werden wir beim Nachtragshaushalt entsprechend einbringen; denn wir wollen keine Opposition
sein, die einfach alles blöd findet, sondern wir stellen uns dem Wettbewerb um die besten Konzepte
für Hessen.