Meine Plenarrede: Hessen stärkt das Bewusstsein für Europa vor Ort

Im März-Plenum haben wir in der 2. Lesung den Gesetzesentwurf der FDP-Fraktion „Gesetz zur Stärkung der Rolle der Kommunen auf EU-Ebene“ diskutiert. Wir schließen uns der Einschätzung der Expert:innen aus der Anhörung an und lehnen den Vorschlag als praxisfernen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung ab. Dass wir in Hessen bereits umfangreiche Europaarbeit leisten und zu EU-Fördermitteln erfolgreich beraten, habe ich in meiner Rede deutlich gemacht:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Klimakrise, Kampf gegen Pandemien oder die Abwehr von Putins Energiekrieg – diese großen Herausforderungen unserer Zeit können wir nur europäisch beantworten.

In Zeiten, in denen in Europa die Ukraine unter dem mörderischen Angriffskrieg Putins zerstört werden soll, ist das Friedensprojekt Europa wichtiger denn je. Es war mir noch einmal sehr wichtig, das am Anfang dieser Rede zu sagen.

Unsere Kommunen spielen in der EU eine sehr zentrale Rolle. Denn sie sind die Basis, ohne die die EU gar nicht existieren oder funktionieren würde. Die erste Lesung zu dem Gesetz war ja schon im Oktober. Da hatten wir schon festgestellt, dass die Landesregierung mit ganz unterschiedlichen und vielfältigen Maßnahmen die europäische Integration in Hessen fördert und – um auch noch einmal die Forderung aus dem SPD-Antrag zu zitieren – „das Bewusstsein für Europa vor Ort“ stärkt. Das macht die Landesregierung bereits.

Wir hatten schon im Oktober gesagt, dass es z. B. das Europanetzwerk gibt. Es gibt ganz viele Veranstaltungen rund um die Europawochen. Es gibt das Mehrregionenhaus in Brüssel und das „Hey, Europe!“-Festival, und natürlich gibt es auch das sehr beliebte HessenRail-Programm, mit dem junge Leute Europa auf Kosten des Landes entdecken können. Da hatten wir letztes Jahr schon zwei sehr erfolgreiche Verlosungsrunden. Dieses Jahr startet am 19. April noch einmal eine Chance für 1.800 junge Menschen, ein Interrail-Ticket zu gewinnen und auf Kosten des Landes durch Europa zu fahren. Aus unserer Sicht ist das eine sehr gute Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen. Weil 70 % der Gesetze der EU die Kommunen direkt oder indirekt betreffen, ist es auch total wichtig, dass sie sich in Brüssel und Straßburg selbst gut einbringen können. Aus der ersten Lesung hatte ich mitgenommen, dass sich die EU da noch bessere Wege ausdenken könnte. Aber klar war: Bei dem, was wir hier in Hessen beeinflussen können, stehen wir sehr gut da. Das hatte nicht nur die Koalition gesagt, sondern das hatte ich auch von der FDP vernommen. Deswegen freue ich mich darüber sehr, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn wir jetzt noch einmal auf das Gesetz schauen, das vorliegt: Die Freien Demokraten schlagen hier vor, in die kommunale Selbstverwaltung sehr massiv einzugreifen und den Kommunen vorzuschreiben, dass sie Europabeauftragte einsetzen müssen. Auch die SPD will, dass Europabeauftragte gefördert und aktiv unterstützt werden. Aber aus dem Antrag wird nicht ganz klar, was genau damit gemeint ist, ob Sie also auch diese Vorschreibung wollen oder was genau dieses Unterstützen bedeuten soll. Denn, wie gesagt, das Land unterstützt schon sehr viel.

Herr Dr. Hahn war in der ersten Lesung so freundlich oder auch ehrlich, selbst zu sagen, wie wenig überzeugt sogar seine eigene Fraktion von dem Gesetzesentwurf ist. Sie hatten dann auf die Anhörung verwiesen und wollten nach der Anhörung das Gesetz noch verbessern. Das hat aber leider nicht geklappt, weil die Anhörung alle Bedenken voll und ganz bestätigt hat, die wir in der ersten Lesung hatte. Alle Beiträge haben sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Die einzige Ausnahme war die geschätzte Europaunion. Aber von ihr haben die Freien Demokraten die Idee ja auch abgeschrieben. Ich bin auch Mitglied der Europaunion. Ich schätze die Europaunion. Aber in dem Fall fand ich die Idee nicht sinnvoll. Wie gesagt, haben das auch alle anderen Anzuhörenden so gesehen.

Herr Felstehausen hat eben die Argumente aufgeführt. Wie gesagt, seien Europabeauftragte laut den Anzuhörenden nicht zielführend und praxisfern, weil man für die komplexen Fragestellungen eben Expertise benötigt, die man als ehrenamtlich Beauftragter nicht einfach so zur Verfügung stellen kann. Es ist ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Ehrenamtliche würden dadurch auch überfordert. Und – das ist ganz wichtig – es sollen Doppelstrukturen vermieden werden. Wir haben schon die Förderlotsen im Innenministerium oder die EUROPE DIRECT Informationszentren. Da sehen die Anzuhörenden das sogar eher als Doppelstruktur als schädlich an. Von daher gibt es alles in allem eine große Ablehnung des Gesetzentwurfs. Deswegen lassen wir die Kommunen doch lieber selbst entscheiden, wie sie die Hilfe, die es schon gibt, in Anspruch nehmen wollen. Es braucht keine Verankerung in der Hessischen Gemeindeordnung. Uns alle eint der Wunsch, die Kommunen bei der europäischen Integration zu stärken. Das Gesetz ist aber dafür der falsche Weg.“