Meine Plenarrede: Die Privatisierung der Hessischen Staatsweingüter steht nicht zur Debatte

Im Februar-Plenum hat die AfD die Privatisierung der Hessischen Staatsweingüter beantragt. In meiner Rede dazu habe ich klar gemacht, dass es sich wohl eher um ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver für die Landratswahl im Rheingau-Taunus-Kreis als einen ernst gemeinten Diskussionsbeitrag handelt. Denn die Privatisierung steht nicht zur Debatte. Mit ihrer 900-jährigen Geschichte und als Deutschland größtes Weingut sind die Staatsweingüter ein Aushängeschild für Hessen.

„Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn ganz klar sagen: Die Privatisierung der Hessischen Staatsweingüter steht nicht zur Debatte. Wir lehnen den Antrag ab.

Auch uns war natürlich vollkommen klar, Herr Dr. Grobe, im März sind im Rheingau-Taunus-Kreis Landratswahlen; und Sie haben hier eben eine Wahlkampfrede gehalten. Ich wünsche allen Menschen im Rheingau, dass sie am Wahltag kluge Entscheidungen treffen, keinen Vertreter einer Partei wählen, die regelmäßig Ausländerhass und Frauenfeindlichkeit versprüht, die keine Skrupel hat, sich mit Rechtsextremen zu umgeben, und deren bürgerlicher Anstrich nichts als eine Farce ist. Das kann man dieser schönen Region nur wünschen.

Wir alle kennen die Hessischen Staatsweingüter; und nicht wenige von uns haben vielleicht schon die leckeren Tropfen vom Steinberg, vom Höllenberg oder auch von der Bergstraße genießen können. Als größtes Weingut Deutschlands und mit ihrer 900-jährigen Geschichte sind die Staatsweingüter ein Flaggschiff des Rheingaus und ein Aushängeschild für Hessen. Die AfD ist leider mal wieder auf dem völlig falschen Dampfer unterwegs. Am Montag hieß es per Pressemitteilung, die privatwirtschaftlich arbeitenden Winzer würden mit ihrem Steuergeld mit den Staatsweingütern die eigene Konkurrenz bezahlen. Das ist natürlich vollkommener Irrsinn.

Vor ziemlich genau 20 Jahren wurden die Hessischen Staatsweingüter aus einem Landesbetrieb als GmbH in ihrer jetzigen Form gegründet. Es war damals das Ziel, das Unternehmen für die Zukunft gut aufzustellen und bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen Flexibilität zu ermöglichen. Es ist doch vollkommen klar: Die Staatsweingüter müssen sich wie jedes Weingut am Markt behaupten und langfristig unternehmerisch erfolgreich sein. Als GmbH sind die Staatsweingüter vom politischen Träger vergleichsweise unabhängig und sie müssen selbstständig wirtschaftliches und zukunftsfähiges Unternehmertum unter Beweis stellen. Darum geht es als GmbH. Dass die Staatsweingüter ohne das Land schon lange ein Fall für den Insolvenzberater wären, ist eine Behauptung ohne jegliche Faktenbasis.

Seit ihrer Gründung 2003 haben die Staatsweingüter nämlich vernünftig gewirtschaftet. Die Pandemie hat zu Umsatzeinbußen geführt. Das stimmt; es ist aber auch keine große Überraschung, wenn man viel Umsatz über den Verkauf von Sekt und Wein bei Großveranstaltungen generiert, die mit vielen Menschen stattfinden und in der Corona-Pandemie einen Einbruch erlitten haben. Nach dem Erholungsjahr 2021 belasten jetzt leider wieder massive Kostensteigerungen die Zahlen und natürlich die Inflation, weil es sich jetzt viele Menschen zweimal überlegen, wie viel Geld sie für ein vergleichsweises Luxusprodukt wie Wein ausgeben wollen.

Was die Rolle des Landes angeht: Ja, das Land trägt 100 % der Gesellschafteranteile der GmbH und das tut es im Bewusstsein der 900-jährigen Tradition dieses Weinguts. Das Land kommt weiter der Verantwortung nach, die es sozusagen von den Zisterzienser Mönchen übernommen hat. Davon habe ich eben in Ihrer Rede nichts gehört.

Aber die Behauptung, das wäre staatlich organisierte Wettbewerbsverzerrung, ist wirklich vollkommener Irrsinn. Dafür müsste das Land meiner Meinung nach den Staatsweingütern regelmäßige Zuschüsse zum operativen Betrieb überweisen. Wenn Sie einmal in den Haushalt schauen würden, würden Sie sehen, dass das nicht stattfindet. Die Staatsweingüter zahlen sogar Pacht an das Land für die Flächen, wo die Reben stehen. Es ist also eigentlich genau das Gegenteil richtig. Was das Land hingegen bei der Weinbauförderung konkret macht, ist z. B. die Kooperation mit der Uni Geisenheim. Im Rahmen der LOEWE-Exzellenzforschung des Landes gibt es z. B. das Projekt FACE. Dort war ich mit einigen Abgeordneten, den Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion, neulich vor Ort und habe mir das angeschaut. Dort wird untersucht, welche Auswirkungen eine zukünftige höhere CO2-Konzentration in der Luft auf Anbau, Schadensbefall und Produktqualität der Weinreben haben wird. Von diesen Forschungsergebnissen profitieren alle Weingüter, nicht nur die Staatsweingüter. Von daher verstehe ich Ihren Punkt überhaupt nicht.

Das Land macht auch Steillagenförderung – auch das haben wir eben gehört –, aber von dieser profitieren natürlich alle Weinbaubetriebe in Hessen. Im Doppelhaushalt haben wir ganz aktuell die Erhöhung der Steillagenförderung beschlossen. Das ist auch wichtig, denn ohne droht der schwierige Anbau zunehmend unwirtschaftlich zu werden. Ich will noch einmal darauf hinweisen, Herr Dr. Grobe: Dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 20/10051 haben alle Fraktionen dieses Hauses zugestimmt, außer der AfD. Deswegen frage ich mich: Wie kann man sich hierhin stellen und behaupten, man wolle die exzellente Weinbauregion Rheingau unterstützen, aber eine der größten Herausforderungen, die all diese Betriebe haben, einfach ignorieren? Ich verstehe es einfach nicht. Eine Besonderheit bei den Staatsweingütern ist natürlich der Aufsichtsrat, in dem Fragen rund um die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit diskutiert werden. Ein Thema ist dort z. B. auch, wie in der Produktion die Herausforderungen der Klimakrise berücksichtigt werden können. Dazu kann ich sagen: Da haben die Staatsweingüter viel vor und das ist richtig. Aber auch das ist definitiv keine staatlich verzerrte Wettbewerbsverzerrung. Alle im Aufsichtsrat eint das Ziel einer guten Zukunft, sowohl für die Unternehmen als auch für die Kundinnen und Kunden und für den gesamten Rheingau. Die AfD will die Staatsweingüter nur zerreden. Wie gesagt, diese Debatte eignet sich einfach nicht als Wahlkampfthema. Deswegen lehnen wir den Antrag ab und ich freue mich auf die weiteren Beiträge. – Vielen Dank.“