Meine Plenarrede: Sichere Renten im demografischen Wandel: Deutschland-Rente als wichtiges Diskussionsmodell

Im März-Plenum haben wir zum Setzpunkt der CDU über die Deutschland-Rente debattiert. Der daraus hervorgehende Antrag der Landesregierung wurde in der darauffolgenden Abstimmung angenommen. In meiner Rede habe ich die Vorteile einer ergänzenden kapitalgedeckten Altersvorsorge dargestellt und eine Opt-out-Regelung als zukunftsfähiges Modell hervorgehoben:

Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt, hatte ich schon mit mir gewettet, dass ein Wort wie „aufwärmen“ zu hören sein würde. Danke, Yanki Pürsün, ich habe gewonnen. Ja, die Deutschland-Rente ist kein taufrisches Projekt der schwarz-grünen Landesregierung, sondern sie hat schon 2016 das Licht der Welt erblickt, damals entwickelt von den Ministern Grüttner, Al-Wazir und Thomas Schäfer, an den wir in dieser Woche besonders gedacht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Deutschland-Rente ist aber immer noch ein sehr wichtiger Beitrag in einer sehr aktuellen Debatte.

Auf die Frage, was das Ziel kluger Rentenpolitik ist, würden wir sagen: Alle Menschen sollen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können. – In Deutschland haben wir dafür ein Dreisäulenmodell der Rente entwickelt: gesetzlich, betrieblich und privat.

Die Herausforderungen an die gesetzliche Rentenversicherung haben wir heute schon angesprochen: Immer weniger Jüngere kommen für die aktuelle Rentnergeneration auf, und die Entwicklung verschärft sich nach aktuellen Zahlen leider immer mehr. Die Beiträge der Erwerbstätigen dürfen aber nicht ins Unermessliche steigen. Zugleich haben alle, die ihr Leben lang eingezahlt haben, einen Anspruch darauf, im Alter einen stabilen Betrag ausgezahlt zu bekommen. Eine kluge Rentenpolitik hat also immer auch die Generationengerechtigkeit im Blick.

Die Debatte über Generationengerechtigkeit und ein angemessenes Rentenniveau ist ein Dauerbrenner. Gerade erst letzte Woche, vor der Debatte über den Etat des Sozialministeriums im Bundestag, hat der Bundesrechnungshof vor der prekären Lage der gesetzlichen Rentenversicherung sehr deutlich gewarnt.

In die Debatte spielen selbstverständlich viele spannende Fragen hinein, z. B. wie man die Erwerbstätigenquote von Frauen erhöht, wie ein sinnvolles Einwanderungsgesetz aussieht und wie Selbstständige und Abgeordnete in dieses System eingebunden werden. Über alle diese Fragen kann man diskutieren. Das würde aber den Rahmen der heutigen Debatte sprengen.

Klar ist aber: Die Debatte darüber, wie wir ein gutes und selbstbestimmtes Leben für alle im Alter erreichen, läuft auf Hochtouren. Deswegen baut eine kluge Rentenpolitik auf den genannten drei Säulen auf und muss auch ein attraktives Angebot für die private Säule im Blick haben. Der Anspruch „attraktiv“ bedeutet in diesem Zusammenhang aus unserer Sicht: Es muss ein verständliches, einfaches und vertrauenswürdiges Produkt geben. – Wir alle kennen die Riester-Rente. Die war leider das Gegenteil davon; sie war zu kompliziert, zu teuer, und oft gab es auch nur eine geringe Rendite. Sie war also leider echt nicht attraktiv.

Die private Altersvorsorge ist aber nichts, was man vernachlässigen sollte. Die Hürde ist momentan noch, dass man sich selbst darum kümmern muss. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Altersvorsorge ist einfach nicht sexy. Insbesondere Wörter wie „fondsgebundene Riester-Rentenversicherung“ sind nicht sexy, wir können es drehen und wenden, wie wir wollen.

In dem Alter, in dem es klug wäre, sich damit zu beschäftigen, haben viele junge Menschen etwas anderes im Kopf. Sie wollen reisen, sie wollen die Welt sehen, sie wollen in ihrem ersten Job zurechtkommen, sie wollen die Partnerin oder den Partner fürs Leben finden. All das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, und daher hat man keine Lust, Verträge zu lesen, Gespräche mit Beraterinnen und Beratern zu führen, die man, wenn es gut läuft, nur zur Hälfte versteht.

Genau hier setzt unsere Idee der Deutschland-Rente an. Es geht eben darum, dass man sich gar nicht selbst darum kümmern und sich nicht durch intransparente und komplizierte Verträge kämpfen muss. Es gibt vielmehr ein Standardprodukt, für das der Arbeitgeber einen gewissen Beitrag vom Lohn direkt einbehält und an einen staatlich verwalteten Fonds überweist, eine private Altersversorgung mit Opt-out statt Opt-in. Ich muss mich also aktiv dagegen wehren, wenn ich das nicht haben will. In dem Fonds wird das Geld angelegt, vermehrt sich idealerweise, und man profitiert davon, wenn man im Rentenalter ist. Das ist doch eigentlich eine sehr kluge Idee, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Menschen sind oft gemütlich, und deswegen steigt mit Opt-out die Quote derer, die für das Alter vorsorgen, sehr stark an. Das zeigen auch die Erfahrungen in anderen Ländern. Das wäre der richtige Weg. Damit sind Versorgungsquoten von um die 90 % möglich – im Vergleich zu den knapp 50 %, die wir in Deutschland aktuell haben. So würden mit der Deutschland-Rente eben auch viele Jüngere, die von der schwierigen Situation der gesetzlichen Rente perspektivisch am stärksten betroffen sind, für das Alter extra vorsorgen.

Die Vorzüge von Opt-out sind, glaube ich, klar. Das sehen auch die Verbraucherschutzverbände so. Es gibt aber weitere große Vorteile der Deutschland-Rente, wie Schwarz-Grün sie vorschlägt. Der Staat würde nämlich einen solchen Fonds auf Selbstkostenbasis verwalten; es gäbe keine Provisionen, und die Overheadkosten wären, im Gegensatz zu anderen, privaten Verträgen, auch eher gering. Das führt zu einer hohen Glaubwürdigkeit und gleichzeitig zu niedrigen Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein staatlicher Fonds würde außerdem davon profitieren – das haben wir eben auch gehört –, dass das Geld sehr langfristig angelegt werden kann. Das erhöht die Rendite. Alle historischen Entwicklungen zeigen, dass das sehr wahrscheinlich wäre.

Ganz nebenbei – der Punkt ist neu – könnte der Staat so auch die Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Das macht z. B. das Land Hessen mit seiner Versorgungsrücklage für die Pensionsverpflichtungen. Hessen berücksichtigt beim Kauf von Aktien hier auch Grundsätze der Nachhaltigkeit. Dazu haben wir uns als erstes Bundesland verpflichtet. Wir sind auch diesen UN Principles for Responsible Investment beigetreten.

Jetzt nicht falsch verstehen: Das ist natürlich nicht das Gleiche wie ein möglicher Fonds für die Deutschland-Rente. Aber mir geht es darum, zu zeigen: Die langfristige Kapitalanlage kann auch ein Hebel für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft sein, und sie sollte es auch sein.

Es wäre also möglich, die kapitalgedeckte Altersvorsorge billiger, einfacher, verständlicher und mit mehr Rendite zu organisieren, als es heute der Fall ist. Man müsste es nur machen.

Wie aktuell die Deutschland-Rente ist, sieht man auch daran, dass die Ampelparteien ein gar nicht so unterschiedliches Modell im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Im Koalitionsvertrag steht – ich zitiere –:

„Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen.“

Genau das ist die Idee der Deutschland-Rente. Es zeigt sich wieder einmal: Bei dem, was die Ampel vorhat, sind wir in Hessen schon lange mit dabei. – Vielen Dank.