Meine Plenarrede: Kurzstrecken-Flüge müssen durch bessere Angebote überflüssig gemacht werden

Im Mai-Plenum hatte die FDP folgende Aktuelle Stunde angemeldet: „Frankfurter Flughafen als wichtigstes deutsches Drehkreuz erhalten und stärken. Innovationen für sauberen Flugverkehr fördern, statt Kurzstrecken- und Billigflüge verbieten“. Die zielte, na klar, auf Annalena Baerbocks Äußerungen, Kurzstreckenflüge auf lange Sicht überflüssig zu machen. In der GRÜNEN Gegenrede betone ich den hohen Stellenwert einer klimaneutralen Mobilität in Deutschland und unterstreiche die bereits erzielten hessischen Erfolge:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es ist gerade drei Wochen her, dass auf unseren Handys die Eilmeldung aufblitzte: „Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig“. Es ist gerade drei Wochen her, dass sich die Große Koalition mit Lobesliedern auf diese Entscheidung überschlagen hat. Sie sei ein Ausrufezeichen und eine deutliche Stärkung des Klimaschutzes. Die klare Botschaft dieser Entscheidung war: Zu wenig Klimaschutz heute bedroht die Freiheitsrechte dieser Generation und der kommenden Generationen. Also müssen wir jetzt konsequent und konkret handeln, um mehr CO2 einzusparen.

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat, sollte sie gewählt werden, nach der Bundestagswahl als Allererstes vor, ein Klimaschutzsofortprogramm auf den Weg zu bringen. Das ist leider bitter nötig, weil die bisherige Bundesregierung hier einfach nicht genug getan hat. Eigentlich ist es doch ganz einfach: Alle Sektoren müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das betrifft natürlich auch den Flugverkehr. Ein Ansatzpunkt ist, die Flugzeuge werden effizienter, und sie tanken saubere Kraftstoffe. An dieser Stelle sage ich der FDP ausdrücklich Danke für das Beantragen dieser Aktuellen Stunde; denn das gibt uns die Gelegenheit, um über die Erfolge der Landesregierung bei der Kraftstoffwende zu sprechen.

Der Industriepark Höchst ganz in der Nähe des Frankfurter Flughafens wird nämlich gerade zum Innovations- und Technologiehub auf diesem Gebiet. Ich weiß nicht, ob Sie das mitbekommen haben: Die Standortbedingungen in Hessen sind hervorragend. Anfang 2020 hat das CENA – das Kompetenzzentrum Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr – seine Arbeit aufgenommen. Heute ist Hessen maßgeblich an der Entstehung der Roadmap „Power-to-Liquid“ von Bund, Wirtschaft und Ländern beteiligt. Hessen ist hier also wirklich ganz im Sinne Ihrer Forderungen unterwegs. Es fördert mit Nachdruck Innovationen im nachhaltigen Flugverkehr.

Der zweite Hebel, um den CO2-Ausstoß im Flugverkehr zu senken: Flüge müssen durch bessere Angebote überflüssig gemacht werden. Ich glaube, da sind sehr viele Missverständnisse in der Welt. Niemand will nämlich Kurzstreckenflüge ab morgen verbieten. Aber zu innerdeutschen Zielen, die mit der Bahn z. B. in unter drei Stunden erreichbar sind oder erreichbar gemacht werden können, braucht niemand zu fliegen. Dorthin braucht jedenfalls perspektivisch niemand zu fliegen. Das hat unsere Kanzlerkandidatin gesagt. Deswegen ist es richtig, zu überlegen, wie man es hinbekommen kann, dass es nicht nur für Familien, sondern auch für Businessmenschen attraktiver ist, diese Strecken mit der Bahn zurückzulegen. Das sagen nicht nur die GRÜNEN, sondern das sagt z. B. auch der EU-Klimakommissar Frans Timmermans. Er hat ebenfalls gesagt, Kurzstreckenflüge müssten auf Dauer überflüssig gemacht werden. Das ist wirklich Allgemeinwissen.

Noch eine Sache: Leider haben noch nicht alle Parteien ein Wahlprogramm für die Bundestagswahl. Aber vielleicht sollten alle Parteien vor der Bundestagswahl anfangen, darüber nachzudenken, ob alte Überlegungen noch gelten: Soll man z. B. die Luftverkehrsteuer auf Kurzstreckenflüge verdreifachen? Denn Billigtickets bilden eben nicht den wahren Preis ab. Solche Überlegungen gab es durchaus einmal. Oder soll man sagen: „Extrem billige Tickets sind attraktive Mobilitätsangebote“? Wir GRÜNE haben einen Programmentwurf vorgelegt, und wir sind an dieser Stelle keine Verbotspartei, sondern wir sind ganz einfach die Partei des besseren Angebots. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Luftfahrtbranche fängt langsam an, zu verstehen, dass der Neustart nach der Corona-Pandemie der Beginn für ein viel größeres Engagement im Klimaschutz sein muss. Was dieses Lamentieren betrifft: Dass der Klimaschutz schlecht für die Wirtschaft oder für einen starken Frankfurter Flughafen ist, stimmt einfach nicht. In Hessen arbeiten die Koalitionspartner daran, beides zu verknüpfen und das Gleiche erwarten wir auch von der nächsten Bundesregierung.“